Das Schreiben der Stadt Weiterstadt zur Erhebung von Straßenbeiträgen hat bei vielen Grundstückseigentümern in der Kernstadt für Irritationen und Verunsicherung gesorgt. In dem Schreiben sind die Veranlagungen der jeweiligen Grundstücke genannt bzw. abgefragt worden. Leider fehlte in dem Schreiben eine Beispielrechnung als Orientierung, welche Summen auf die Grundstückseigentümer zukommen. Die SPD-Fraktion hatte das bereits vor drei Jahren als die Schreiben an die Gräfenhäuser Grundstückseigentümer im Rahmen der Sanierung der Haupt- und Wixhäuserstraße rausgingen als Anregung an die Verwaltung getragen.
Im Oktober 2014 sind die sogenannten „Wiederkehrenden Straßenbeiträge“ mit Stimmen aus allen vier Fraktionen ALW, CDU, FWW und SPD eingeführt worden. Der entscheidende Vorteil der wiederkehrenden Beiträge ist, dass alle Eigentümer aus einem Abrechnungsgebiet (Stadtteil) an den Kosten einer Straßensanierung beteiligt werden, was die Kosten im Vergleich zu den einmaligen Straßenbeiträgen für den Einzelnen deutlich senkt. Bei den einmaligen Straßenbeiträgen zahlen nur die Grundstückseigentümer entlang der grundhaft sanierten Straße, was schnell zu fünfstelligen Summen führen kann. Die Stadt trägt außerdem aus allgemeinen Steuermitteln einen Anteil von 30%. Nicht grundhafte Sanierungen (Risse, Schlaglöcher, Ausbesserung) übernimmt die Stadt zu 100% aus dem Haushalt.
Mit der grundhaften Sanierung der Haupt- und Wixhäuser Straße und des Roten Platzes in Gräfenhausen hat man grobe Orientierungswerte. In der Kernstadt wird momentan die Bahnhofstraße grundhaft saniert. Die Kostenschätzung liegt derzeit bei rund 500.000 Euro Umlagesumme. Bei 4300 Grundstücken sind das im Durchschnitt pro Grundstück rund 116 Euro. Bei Beachtung der Veranlagungsdetails werden die meisten Grundstücke schätzungsweise bei rund 80 – 180 Euro liegen. Sehr große Grundstücke oder Grundstücke mit sehr vielen Gebäuden, Wohneinheiten oder auch Gewerbe können sicher auch deutlich über diesem Schätzwert liegen. Das typische Einfamilien- oder Zweifamilienhäuschen mit kleinem Garten wird aber kaum über die genannten Schätzwerte kommen.
In der Debatte um die Straßenbeiträge wird gerne die Grundsteuer B als alternative Finanzierungsquelle genannt. Das ist zwar prinzipiell richtig, doch nicht pauschal solidarischer oder besser als die wiederkehrenden Straßenbeiträge. Denn: Die Grundsteuer B ist eine allgemeine Steuer, sprich das Geld kann für alles Mögliche ausgegeben werden. Die Straßenbeiträge müssen exakt und zwar nur für die gemachte Straßen abgerechnet werden: Die Bürgerinnen und Bürger bekommen also ganz konkret, was sie bezahlen. Es ist im Vergleich zur Grundsteuer B nicht möglich zum Beispiel Straßenbeiträge für Kitas, das Hallenbad oder irgendwas anderes auszugeben. Weiterhin wird die Grundsteuer B dauerhaft erhoben, die Straßenbeiträge nur dann, wenn auch eine grundhafte Sanierung durchgeführt wurde, also etwa alle 2-5 Jahre pro Abrechnungsbezirk. Außerdem bekommt der Landkreis über die Hälfte der eingenommen Grundsteuer B. Bei den Straßenbeiträgen fließt das Geld zu 100% in die Straßen Weiterstadts und nirgendwo anders hin. Wer also die Grundsteuer B als Finanzierungsmittel erhöhen will, muss so ehrlich sein und sagen, dass es dann unterm Strich teurer wird als mit den wiederkehrenden Straßenbeiträgen und dadurch womöglich weniger Geld für freiwillige Leistungen der Stadt zur Verfügung steht.
Ein Gerechtigkeitsargument, das für die Grundsteuer B spricht ist, dass die Grundsteuer auf Mieter umlegbar ist. Denn die Straßenbeiträge zahlen ausschließlich die Eigentümer, da sie nicht auf Mieter umlegbar sind. Dieses Gesetz (Kommunales Abgabengesetz) könnten CDU und Grüne im Land Hessen aber jederzeit ändern, wenn der politische Wille dazu da wäre.
Noch viel besser wäre aber, wenn das Land Hessen, seine Kommunen besser mit Finanzmitteln ausstattet und sich die Frage nach dem Finanzierungsmodell für die Sanierung von Straßen gar nicht stellen würde. Das Land Hessen nimmt genug Geld ein und gerade von der hohen Wirtschaftskraft Weiterstadts profitiert auch das Land ungemein. Es werden gerade Milliarden im Zuge der Corona-Krise vergeben, um die Wirtschaft anzukurbeln und die Infrastruktur auf Vordermann zu bringen. Doch Weiterstadt als starke Kommune hat oft das Nachsehen. Zuletzt erst wurde die Stadt durch das Starke-Heimat-Gesetz der schwarz-grünen Landesregierung geschwächt. Die Stadt müsste vermutlich weder Straßenbeiträge erheben noch die Grundsteuer B erhöhen, wenn Weiterstadt die rund 500 – 800.000 Euro an freigewordenen Mitteln durch die Gewerbesteuerumlage erhielte. Stattdessen finanziert die Landesregierung damit lieb gewonnene und zum Teil nicht nachvollziehbare Projekte.
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