Trotz unklarer Finanzierung und begrenztem Nutzen für die Stadt fordert ALW-Fraktion eine Straßenbahn
Gegen den Widerstand der SPD-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung wird das Straßenbahnprojekt vorangetrieben, obgleich sich mehr als deutlich gezeigt hat, dass bei der derzeitigen Finanzlage der Stadt weder das Projekt, noch die laufenden Folgekosten finanzierbar sind und zudem eine Straßenbahn nicht ernsthaft benötigt wird.
Die zweite Nutzen-Kosten-Untersuchung (NKU) liegt nun vor. Danach werden zwei Varianten herausgestellt.
Variante 1: Anbindung der Straßenbahn auf der Ostseite des Darmstädter Hauptbahnhofs – Führung der Straßenbahn in Ortsrandlage Weiterstadt auf der südlichen Seite der B42.
Variante 2: Zusätzlich zu Variante 1- Bau eines Verknüpfungspunktes Bahn-Bus/Straßenbahn und Park & Ride Platzes in Weiterstadt westlich der L3094.
Die Kostenschätzung für die Herstellung der Straßenbahnlinie beläuft sich auf 48,4 Mio. € für Variante 1 bzw. 50,1 Mio. € für Variante 2. Auf die Stadt Weiterstadt entfallen bei Variante 1 26,10 Mio. € Investitionskosten, bei Variante 2 27,75 Mio. €.
Auch darf nicht vernachlässigt werden, dass alleine der geschätzte jährliche Kapitaldienst, der für den Betrieb der Straßenbahn anfällt, bei Variante 1 – 1,98 Mio. € und bei Variante 2 – 2,07 Mio.€ für den Betrieb der Straßenbahn, ohne unvorhergesehene Kosten mit sich bringt. Die Kosten beziehen sich alleine auf die Herstellung und die Instandhaltung des Streckennetzes. Der Fahrbetrieb selbst wird mit Fahrzeugen der HEAG durchgeführt. Soweit die HEAG hierdurch Verluste erwirtschaftet, müssten diese von den beteiligten Gemeinden ersetzt werden. Sollten die Schätzungen über das Straßenbahn-Nutzungsverhalten der Bürger nicht zutreffen, wären derzeit unabsehbare Ausgleichszahlungen, an denen die angebundenen Gemeinden sich beteiligen müssten, zusätzlich zu tragen.
Bei einer mündlichen Erläuterung der Nutzen-Kosten-Untersuchung(NKU) vor der Stadtverordnetenversammlung am 25.09.2006 hat sich auf die drängenden Fragen der SPD-Fraktion hin herausgestellt, dass die Kosten dort keineswegs vollständig erfasst wurden. Insbesondere die Frage, wie die Bürger denn eigentlich die Straßenbahnlinie, die 40m südlich der B 42 (am Feldrand) gebaut werden soll, erreichen können wurde unbefriedigend beantwortet. Von ebenerdigen Straßenüberführungen mit Ampelanlage, von denen mindestens zwei benötigt werden, wurde gesprochen. Dies wird allerdings die zuständige Verkehrsbehörde kaum genehmigen (so auch Bürgermeister Rohrbach). Daraus wäre ein erhebliches zusätzliches Stauaufkommen auf der, ohnehin schon mehr als erträglich belasteten, B42 die Folge.
Es bleibt daher nur eine Überführung durch Überbauung der B42. Kosten hierfür wurden allerdings in der NKU nicht berücksichtigt.
Es werden sich allerdings zusätzliche Kosten in Millionenhöhe ergeben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei der Errichtung dieser Fußgängerüberquerungen darauf geachtet werden muss, dass insbesondere Behinderte und ältere Mitbürger aber auch Eltern mit Kleinkindern oder Kinderwagen kaum in der Lage sind, solche Fußgängerüberwege alleine zu bewältigen. Man wird Fahrtreppen oder Aufzüge installieren müssen, die nicht nur zusätzliche Herstellungskosten, sondern selbstverständlich auch Wartungskosten verursachen. Die Spannweite eines solchen Überweges müsste nach der Planung mindestens 25 m betragen.
Im Rahmen der Erläuterung des Gutachtens wurde insbesondere von der DADINA die Auffassung vertreten, dass man die Kosten für solche Überführungen noch im Planfeststellungsverfahren ermitteln könne. Da allerdings das Planfeststellungsverfahren für sich alleine schon immense Kosten verursachen würde, wäre es wirtschaftlicher Wahnsinn, erst ein solch kostenintensives Verfahren einzuleiten, dann die Kostenauswirkungen zu bestimmen um anschließend festzustellen, dass die Gesamtinvestitionskosten nicht getragen werden können.
Die Stadt Darmstadt ist hinsichtlich des Straßenbahnprojektes mehr als zurückhaltend. Dort war das Projekt bis jetzt nicht einmal Gegenstand der Beratungen in der Stadtverordnetenversammlung. Es ist davon auszugehen, dass man sich dort in realistischer Einschätzung der immensen Kosten und des noch immer fragwürdigen Nutzens bewusst zurückhält, zu mal die Stadt Darmstadt die restlichen Investitionskosten tragen müsste. Hierzu zählen auch die Kosten einer Straßenbahnüberquerung über die 2003/2004 sanierte Brücke über die Bahngleise am Dornheimer Weg, die alleine mit 3,3 Mio. € veranschlagt wurden. Auch wird die Stadt Darmstadt kaum beabsichtigen, die Abwanderung von Kaufkraft von der Innenstadt an das in Weiterstadt geplante Einkaufszentrum zu fördern. Man sitzt die Sache daher lieber aus. Darüber hinaus erwähnte Darmstadts Oberbürgermeister Walter Hoffmann bei einer IHK-Veranstaltung am 13.November 2006, dass Darmstadt kein Geld für die Straßenbahn habe.